Die Landesregierung plant eine Studiengebühr durch die Hintertür
In der Mehrheit der Länder ist es bereits Realität: Verwaltungsgebühren zum Semesterbeitrag. Man mag zur Schlussfolgerung kommen, dass es jetzt nicht weiter schlimm ist, wenn auch Schleswig-Holstein eine solche Gebühr einführt, die Studierendenschaft hält aber recht wenig davon.
Kritik von Studierendenseite
Mit der Initiative Keinmalzahlung 60 hat die Landes-ASten-Konferenz Schleswig-Holstein sich klar gegen die Einführung der Verwaltungsgebühr ausgesprochen. Neben einem offenen Brief an Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), Bildungsministerin Karin Prien (CDU) und Finanzministerin Silke Schneider (Die Grünen), wurde auch eine Petition gestartet, die inzwischen von fast 3800 Menschen unterzeichnet wurde. Damit wurde das erforderliche Quorum für eine Anhörung im Petitionsausschuss um fast 100 % übererfüllt.
Zudem gab es in Lübeck und Kiel Demonstrationen, in Lübeck gab es laut LN ca. 800 Teilnehmende, in Kiel waren es rund 1.500, berichtete der NDR.
Soziale Verträglichkeit
Laut dem offenen Brief seien 35 % aller Studierenden armutsgefährdet, mehr als der doppelte Prozentsatz im Vergleich mit der Gesamtbevölkerung. Die zusätzliche Belastung von 120 Euro im Jahr schwäche die Chancengleichheit und die Standortattraktivität.
Veranschaulichen wir das Problem: BAföG-Höchstsatz-beziehende Studierende bekommen ca. 855 Euro pro Monat, davon sind 360 Euro für die Miete angedacht. Für 360 Euro bekommt man vielleicht ein Zimmer im Wohnheim, aber ein paar der Zimmer in Lübeck (da wohne ich) sprengen schon da das Budget. Bei nur 549 Wohnheimplätzen zahlt die Mehrheit auf dem freien Wohnungsmarkt sicher mehr. Das heißt, dass man von den 475 Euro für den Grundbedarf noch was für die Miete abzwacken muss. Man bedenke hier noch, dass nicht jeder Studi den Höchstsatz bewilligt bekommt, oder Eltern hat, die einem die Differenz mal eben jeden Monat überweisen können.
Nebenjobs sind keine Lösung
Während ich mir mein Studium per Werkstudentenjob finanziere (was in manchen Phasen wirklich stressig werden kann), ist bei vielen anderen die Situation noch deutlich angespannter.
Andere haben vielleicht auch keinen Anspruch auf BAföG, haben dafür einen Mini-Job und bekommen Kindergeld: Das sind ca. 800 Euro monatlich. Wenn man davon mal 400 bis 500 Euro für ein WG-Zimmer und 200 Euro für Lebensmittel abzieht, bleibt nicht mehr viel für weitere Ausgaben wie Klamotten, Freizeit oder Hobbys. Schon nach der Miete bleibt weniger als der BAföG-Grundbedarfssatz für den Grundbedarf… Und dann ist da noch die Tatsache, dass man neben dem Vollzeit-Studium plötzlich noch einen Job hat! Wenn der Arbeitgeber nicht flexibel ist, kollidiert die Arbeitszeit dann plötzlich mit Vorlesungen, Übungen, Laboren und anderen Hochschulaktivitäten. Mit etwas Pech hat man vielleicht auch nicht mehr genug Zeit zum Lernen und muss noch ein oder zwei Semester an die Regelstudienzeit ranhängen.
Fazit
Auch wenn 60 Euro pro Semester mehr nicht nach viel klingen, ist das für viele Studierende an der Armutsgrenze eine ganze Menge Geld.
Der Verwaltungsbeitrag würde nicht nur die Teilhabe an Bildung erschweren, er belastet auch einfach die falsche Gruppe! Das Land sollte besser das Geld aus irgendeiner Sofaritze im Landtag zusammenkratzen und Studis in Schleswig-Holstein als Investition in den zukünftigen Wohlstand des Landes betrachten.
Petition beim Landtag unterzeichnen
Quellen
- Ländervergleich zu Studiengebühren: https://www.studierendenwerke.de/fileadmin/user_upload/Downloads/uebersicht_studiengebuehren_2022.pdf
- Koalitionsvertrag (CDU): https://www.cdu-sh.de/sites/www.cdu-sh.de/files/koalitionsvertrag_2022-2027_.pdf
- Koalitionsvertrag (Die Grünen): https://neu.sh-gruene.de/wp-content/uploads/sites/19/2022/06/Koalitionsvertrag-2022-2027_.pdf
- Offener Brief: https://keinmalzahlung60.sh/offener-brief
Medienberichte
- https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Studierende-in-SH-sollen-60-Euro-mehr-pro-Semester-zahlen,studierende182.html
- https://www.gew-sh.de/presse/detailseite/60-euro-verwaltungsgebuehr-nun-werden-die-studierenden-zur-kasse-gebeten
- https://taz.de/Kieler-Student-ueber-Verwaltungsgebuehren/!6058650/
- https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Kiel-Studierende-demonstrieren-gegen-hoehere-Gebuehren,regionkielnews2082.html
- https://www.kn-online.de/schleswig-holstein/semesterbeitrag-in-sh-soll-um-60-euro-steigen-fuer-verwaltungsgebuehr-TG45CNAWNFBERATSYMO37PSCNI.html
- https://www.sueddeutsche.de/bildung/demonstration-studierende-protestieren-in-kiel-gegen-verwaltungsgebuehr-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-250116-930-346562